Teil 4 - Von Hamburg und dem Anglikanischen

Hamburg sei dem Charakter nach, anglikanisch. Meinte Helmut Schmidt. Und viele stimmen zu und sagen: Hamburg ist ein Vorort von London.

Aber Vorsicht! Mit dieser Einschätzung könnten wir falsch liegen und wieder in eine Identitäts-Störung geraten! Denn...


So prima die Tommys sind... So wunderbar sie waren, als sie 1945 nach dato Nazi-Hamburg kamen und es in die britische Besatzungszone eingliederten... So viel wir den Briten verdanken... Und wie sehr wir sie mit ihrer Kultur bewundern und lieben, dieser großartigen, bunten, reichen Kultur... Nur: Womöglich sind wir hier in Norddeutschland eine andere Marke.

 

Natürlich gehören unsere westlichen Gesellschaften allesamt in einen großen Topf geworfen. Schließlich betrachten wir alle die Stellung des Individuums als zentral. Schließlich sind wir alle Demokratien und sehen die Freiheit und die Menschenrechte als unveräußerliche, grundlegende Werte unserer jeweiligen Gemeinschaft.

Das einerseits. 

Andererseits: Schauen wir genauer, treten bedeutende Verschiedenheiten auf, so z.B. was die Struktur der Gesellschaften betrifft: Einige sind vertikal aufgebaut, andere horizontal....

 

Die anglikanischen Länder Groß-Britannien und die USA werden als vertikale, hierarchische Gesellschaften angesehen – die skandinavischen Länder und die Schweiz als horizontale, egalitäre.

In einer vertikalen Gesellschaft gibt es Autoritäten, Hierarchien, Eliten, Standes-Unterschiede – und diese werden als richtig und wichtig geachtet und respektiert. Die Menschen fühlen sich heimisch in ihrem Stand, ihrer Klasse. Sie identifiziert sich auch damit. Der Einzelne tut sich hier hervor durch Leistung, im Konkurrenzkampf.

In den horizontalen Gesellschaften sieht das Leben prinzipiell anders aus: Hier lehnen die Menschen Hierarchien so ab wie Autoritäten und Elitedenken. Geordnet wird durch das Recht, vor dem alle gleich sind. Egalitär. Und: Man setzt auf Zusammenarbeit, Kooperation statt Konkurrenz.

 

Und mit diesem ersten Blick auf Gesellschaften können wir noch einmal fragen: Wo steht Hamburg? Möchten wir unsere Stadt wirklich als anglikanisch, als Vorort von England begreifen?

Oder sehen wir uns ähnlich und verwandt mit der Schweiz? Mit Schweden, Finnland, Norwegen? Mit Dänemark? Also: Wir plädieren für die schweizerisch-skandinavische Variante.