Tag 2 – Vom Rheinfall zu den Cliché-Glocken. Oder: Wie man PR, Marketing und Promotion hinter sich lässt

Am zweiten Tag der WAVE, ein Sonnabend, beginnt das eigentliche Fahren. Wir düsen von Zürich nach Schaffhausen, beim Rheinfall.

Im Kern ist unsere Rallye eine große Promotionstour für Elektromobilität – nur, dass hinter uns keine Lobby, kein Konzern, keine Nation steht. Sondern?


Wohl so etwas wie das Bedürfnis, das „Richtige“ zu tun, das „Richtige“ zu unterstützen, den „richtigen Weg“ zu gehen.

Ein geradezu kindliches Bedürfnis, das einerseits niedlich ist, und dann doch auch schnell und leicht unangenehm werden kann. Dann, wenn es zu anmaßendem Verhalten führt. Wenn man beginnt anderen vorschreiben zu wollen, was das „Richtige“ sei. Wenn das „Recht-haben-wollen“, die Rechthaberei sich erhebt und beginnt, das Wort zu führen.

Nee, nee. Das ist hässlich. So hässlich, wie jene Spinatwachtel-Prinzessin, die der befreundete Prinz von „Hui Buh“ heiraten soll. Also so hässlich wie diese Prinzessin, auf deren Nase eine Warze ist und aus der auch noch ein Haar wächst. „Igittigittigitt“.

 

Nein, bloß nicht. So wollen wir nicht sein. Und doch wollen wir die Welt verändern, voranbringen, mittun.

Also: Wie?

In dem Ort Faido, den wir auf dem Weg vom Laggio Maggiore zum Gotthard besuchen, gibt es einen Gemeinde-Animatoro. Daniele Zanzi kümmert sich aber nicht um die Bespaßung von Gästen. Er wurde vor wenigen Jahren eingestellt, als man mehrere Gemeinden zusammenlegte und das neue Miteinander fördern wollte. Durch Informationen, Austausch, Events.

Das ist doch eine feine Bezeichnung für unsere Tätigkeiten während der WAVE. Wir machen keine Promotion, kein Marketing, keine PR für die Elektromobilität. Wir machen Animation. Anima ist lateinisch für Seele und auch Atem. Wir machen also Beseelung und Beatmung. Wir wollen animieren, begeistern, beseelen.

 

Wir sind also so etwas wie die Elektro-Auto-Evangelisten – und verkünden nur die frohe Kunde. Die frohe Botschaft von der sauberen, umweltschonenden Alternative zu Benzin und Diesel. Damit die Menschen überhaupt davon wissen. Und somit überhaupt erfahren, dass sie sich entscheiden können. Dafür oder dagegen. 

 

Wie wir das machen? In fünf Gruppen fahren wir von morgens bis abends entlang der "Grand Tour Switzerland" von einem Ort zum anderen. In den Orten selbst gibt es kleine Events. Wir fahren in Schulen und nehmen auch mal Kinder auf kurzen Fahrten mit und lassen uns von ihnen Löcher in den Bauch fragen. Oder die örtliche Gemeinde hat ein kleines Fest mitsamt Musik organisiert. Oder wir laden inmitten auf dem Marktplatz. Und reden, diskutieren, erzählen. Mit den Menschen vor Ort – und natürlich auch mit den anderen Teilnehmern.

 

In Schaffhausen findet unser erster Event statt. Wir parkieren mittenmang, auf dem „Herrenacker“.

Danach geht es Richtung Osten nach Steckborn am Bodensee. Und dann direkt in den See hinein (natürlich ohne Tesla). Weiter geht es in den Kanton Sankt Gallen, dann in den Kanton Appenzell, nach Herisau. Hier gibt es sogar ein Stadtfest für uns.

Die Nacht verbringen wir, so jedenfalls steht es auf dem Plan, in der Stadt Appenzell. Da wir über 100 Teams sind, wird bei der Übernachtung aufgeteilt.

Wir geben die heutige Hotel-Adresse – eine Straße in Appenzell – in unser Navi und folgen seinen Anweisungen wie üblich, also wie die Lemminge. Doch das Ding führt uns kurz vor Appenzell nach rechts und dann auf einen kleinen Weg. Und dann geht es auch noch immer höher und es wird enger und enger und dunkler. Und schließlich kommt auch noch Bambi von links aus dem Wald und schaut uns kurz an.

Wir geben Strom und surren weiter den Berg hinauf, aus dem Waldbereich hinaus und blicken auf eine Berg- und Hügellandschaft beim Sonnenuntergang mit Alpenglühen vorn und Mond rechts. Und ja, es ist so kitschig, wie sich diese Beschreibung liest.

Wenige Kilometer weiter sind wir im Nirwana von Appenzell. Weit und breit nichts, außer Bergnatur und unser Hotel (das Hotel Kaubad).

Stille total mit Großem Wagen über uns. Und netten Mitfahrern neben uns. This und sein Sohn Kilian.

Am nächsten Morgen joggen wir früh durch das Nirwana, das paradiesische. An einem Bach, über Wiesen mit Kühen, die natürlich mit ihren Glocken bimmeln. Das Cliché geht kaum zu übertreffen. An einem Wiesenhang kommen wir an dem einzigen Menschen weit und breit vorbei. Es ist ein drahtiger Mitt-Fünfziger mit freiem Oberkörper und er hackt mit einem riesigen Rechen gemähtes Gras zusammen. „Salut. Guten Morgen“.

Sicherlich ist er ein Top-Manager, der sich hierher zurückgezogen hat.  In die totale Natur. Oder er ist einfach ein Bauer, der sein Land bestellt. Sein Schweizer Land.

 

Die Adresse vom Hotel Kaubad? Gern. Es gehört der Familie Reymond-Peier. Und ist in der Kaustraße 183, 9050 Appenzell. www.Kaubad.ch


Im Nirwana von Appenzell (mit blauem Foto-Fehler): Das Hotel Kaubad ist weit ab vom Schuss. Herrlich.
Im Nirwana von Appenzell (mit blauem Foto-Fehler): Das Hotel Kaubad ist weit ab vom Schuss. Herrlich.